Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren
Am 31. Juli 2021 war in profil-online zu lesen, dass Unterrichtsminister Heinz Faßmann geimpfte Schüler von den drei verpflichtenden Tests pro Schulwoche befreien will. Zudem könnte es dort, wo sie noch bestehe, eine Befreiung von der Maskenpflicht geben. Diesen Punkt wolle Faßmann aber noch genauer abwägen, wie er dem Magazin sagte: „Ein junger Mensch, der geimpft in der Klasse sitzt, soll etwas davon haben. Privilegien für Geimpfte: Das ist generell Regierungslinie.“
Abgesehen von Heinz Faßmann als Minister zeigten sich auch Bürgermeister Ludwig, Stadtrat Hacker, Dompfarrer Faber und Kardinal Schönborn sehr kreativ, was Anreize zur Erhöhung der Impfbereitschaft der Wiener Bevölkerung betrifft: In trauter Gemeinschaft eröffneten sie am 11. August die Impfstation in der Barbarakapelle im Wiener Stephansdom, vom unvergleichlichen Heute in der Ausgabe vom 12. August als „heilige Impfhalle“ bezeichnet. Aus Angst vor Störaktionen durch „Corona-Leugner“ waren Security Leute und Polizisten im Einsatz.
Und jetzt möchte Bundespräsident van der Bellen mit seiner Einladung in die Hofburg am 26. Oktober den Stephansdom als edle Impflocation noch überbieten, wie uns ORF.at am 16.10. übermittelte: „Holen Sie sich Ihren Piks in der schönsten Impfstraße Österreichs, im Marmorsaal der Hofburg. Und anschließend lade ich Sie ein, durch die Präsidentschaftskanzlei zu flanieren“, wirbt das Staatsoberhaupt in einem Video auf YouTube: „Wir machen die Hofburg heuer zur Impfburg!“
Organisiert wird diese Impfstraße in Kooperation mit der Stadt Wien und den Johannitern. Ferner heißt es dazu: „Wegen der Covid-19-Situation sei ein ‚klassischer Tag der Offenen Tür‘ auch heuer nicht möglich. Daher stehe die Hofburg auch nur Impfwilligen offen.“
Die Hofburg wird am Nationalfeiertag also hochoffiziell nur für Impfwillige geöffnet und nicht etwa für einen Runden Tisch, an dem Vertreter/innen verschiedener Meinungen zu den Themen Tests, Impfung, Grüner Pass etc. auf Augenhöhe und gleichberechtigt miteinander diskutieren, um ein Zeichen für Versöhnung in diesem mittlerweile tief gespaltenen Land zu setzen.
Von einem Bundespräsidenten Van der Bellen, dessen offizielles Porträt erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik mit einem Text versehen ist, und zwar dem Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, hätten wir das erhoffen können.
In diesem offiziellen Porträt wird van der Bellen folgendermaßen zitiert: „Österreich ist unsere Heimat. Jeder Mensch, der hier lebt, hat das Recht in Frieden und Würde zu leben. Das gehört zu den Menschrechten und an die glaube ich.“
Ich frage mich, wann dieser Artikel 1 der Menschenrechte im Zusammenhang mit all den Maßnahmen rund um Covid 19 endlich aufhört, zur Makulatur zu verkommen, und wann die Verantwortlichen - ob von staatlicher, kirchlicher oder welcher offiziellen Seite auch immer - endlich daran denken, ihn mit Leben zu erfüllen.