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Der Mechanismus

von Wolfgang Süß

Ich wurde vor mehr als 40 Jahren zum Elektrotechniker ausgebildet und weiß daher eine Menge über „Steuerungstechnik“. Allerdings bezieht sich diese Technik im Wesentlichen auf die Steuerung von Maschinen. In der Schule habe ich nichts über die Steuerung von Menschen gelernt. Das lernte ich erst „im richtigen Leben“, ganz besonders im letzten Jahr.

So ziemlich das Abscheulichste und Dümmste, das Menschen tun können, ist einen Krieg zu führen. Die „Kunst“, einen Krieg zu führen, ist über Jahrtausende hinweg immer und immer wieder geübt worden und ist somit der gesamten Menschheit sehr vertraut. Nur sehr wenige Menschen wollten und wollen als Soldaten an einem Krieg teilnehmen. Die allermeisten Menschen wollen ein friedliches Leben führen. Dennoch ist es so, dass eine ganz kleine Gruppe von Menschen (die „Befehlshaber“) es immer wieder schafft, eine sehr große Gruppe von Menschen (die „Befehlsempfänger“) zu steuern.

Diese Steuerung geschieht über einen Mechanismus, der einen Namen hat: ANGST.

An einem einfachen Beispiel kann das skizziert werden. Dafür verwende ich eine Gruppe von 100 Menschen, welche die Armee darstellt. In dieser Gruppe ist ein einziger der Steuermann (der Befehlshaber), einer verweigert die Teilnahme (er desertiert oder wird aufs Härteste bestraft), 98 sind die Gesteuerten (die Befehlsempfänger). Unter den 98 sind 95, die keinesfalls „ihren Kopf hinhalten wollen“, die restlichen drei sind von den Maßnahmen überzeugt.

Was würde passieren, wenn 96 „einfach nicht hingehen“? Der Krieg würde nicht stattfinden. Er könnte gar nicht stattfinden. Denn 4 von 100 können keinen Krieg führen.

Eine Steuerung ist ein Mechanismus, bei dem eine Maschine einen Input erhält und daraufhin einen entsprechenden Output liefert. Die Maschine reagiert auf den Input.

Bei Soldaten ist das sehr ähnlich. Der eine ganz vorne gibt einen Befehl (Input), der Rest reagiert aufgrund des Mechanismus namens ANGST. Fehlt in der Maschine der eingebaute Mechanismus, funktioniert sie nicht so wie von dem Steuernden gewünscht. Der Output läge bei nur 4 Prozent. Eine funktionierende Maschine liefert jedoch einen Output von 99 Prozent.

Warum befolgen Menschen „Regeln“? Weil sie Angst vor Bestrafung bei Nichteinhaltung der Regeln haben. Oder weil sie von deren Sinnhaftigkeit überzeugt sind. Eine ganz kleine Gruppe gibt die Regeln vor. Eine sehr große Gruppe befolgt sie. Obwohl der eigene Wunsch, die Maßnahmen auch tatsächlich zu ergreifen, nur bei wenigen vorhanden ist. Die Angst vor Bestrafung bei Nichteinhaltung von Regeln welcher Art auch immer ist der Mechanismus der Steuerung.

Der Mechanismus baut auf dem Prinzip „ich bin gegen dich“ auf. Folgst du mir nicht, bestrafe ich dich.

Wir brauchen einen neuen Mechanismus. Einen genau gegenteilig funktionierenden Mechanismus: Er baut auf dem Prinzip „ich bin für dich“ auf. Ich liebe dich, auch wenn du mir nicht folgst.

96 würden einem, der sie liebt, folgen. Frei-willig.

Wolfgang Süß,

EVD-Unternehmer aus Oberösterreich

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