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Logische Unfälle

von Rainer Fischbach

Es gibt Argumentationen, die Ungewissheit darüber zurücklassen, ob es sich um logische Unfälle handelt oder ob man schon von intellektueller Unredlichkeit reden kann. Die offizielle Legitimation der aktuellen Politik bezüglich Covid-19 bzw. deren mediale Unterstützung wiederholt beständig gleich drei Kategorien solcher Unfälle. Die erste besteht darin, normative Prämissen und instrumentelle Präferenzen, die für selbstverständlich gehalten werden mögen, es aber nicht sind, nicht offenzulegen. Davon zeugen Aussagen der Form »das Virus hat …« oder »die Pandemie erzwingt …«. Doch hat weder das Virus etwas getan, wie z.B. Wirtschaft und Gesellschaft zum Stillstand gebracht, noch erzwingt die Pandemie, sofern sie denn existiert, etwas, wie z.B. das sogenannte Social Distancing oder die Maske. Es sind immer Menschen oder Gruppen von solchen, insbesondere mit entsprechender Macht ausgestattete, die etwas tun oder gar erzwingen.

Indem die Rede von Sachzwängen bzw. die Zuschreibung der Rolle eines Akteurs an Sachen das menschliche Urteilen und Handeln sowie die entsprechende Verantwortlichkeit unsichtbar macht, bietet sie sich als Herrschaftstechnik an. Wer Alternativen unterdrücken möchte, beruft sich auf den Sachzwang bzw. das Handeln von Sachen. Das funktionierte so schon in den technologie- und energiepolitischen Debatten der 1970er- und 1980er-Jahre. Auch damals wurde Angst und Schrecken verbreitet, z.B. vor dem »Ausgehen der Lichter«, wurde durch Modelle ein exponentielles Wachstum – damals nicht der »Fallzahlen«, sondern des Energiebedarfs – vorhergesagt und, als daraus hervorgehender Sachzwang, wurde der massive Ausbau der Atomenergie, inklusive der Plutoniumwirtschaft mit dem Schnellen Brüter und der Wiederaufarbeitung, nahegelegt. Das ist inzwischen Geschichte, doch der Sachzwang als trügerische argumentative Figur ist es keinesfalls. Er erlebt gerade ein Revival.

Die zweite und die dritte Kategorie des logischen Unfalls, die gerade Konjunktur haben, bestehen in der willkürlichen Verengung des Blickfelds und der Orientierung an scheinbaren Maßstäben, die keine sind – konkret darin, nur wenige isolierte Ziele oder gar nur eines davon zu betrachten, allein die bevorzugten Instrumente zu ihrer Erreichung einzusetzen und diese an manipulierbaren Variablen zu messen, die keine objektive Bedeutung im Sinne von messbaren Größen haben. Die prominenteste dieser Variablen ist die sogenannte »Fallzahl«. Ihre Ermittlung erfolgt durch Tests, die bei einer geringen Quote von wahr-positiven Ergebnissen falsch positive in ähnlicher Größenordnung produzieren. Auch wird sie weder zur Anzahl der vorgenommenen Tests in Beziehung gesetzt, noch ist dabei klar, ob die Menge der Probanden auch repräsentativ für die Bevölkerung ist. Somit fehlt dieser Zahl die statistische Aussagekraft und solange nur Testergebnisse, doch keine Diagnosen vorliegen, die eine beobachtbare Symptomatik, deren Verlauf oder auch deren Fehlen einbeziehen, ist sie auch medizinisch ohne Wert.

Von geringem Wert ist auch die Zahl der mit positivem Testergebnis Verstorbenen allein, solange weder klar ist, welcher Komplex von Faktoren zu ihrem Tod führte, noch in welchem Verhältnis sie zur Gesamtsterblichkeit steht und wie deren Entwicklung im Vergleich zu der früherer Jahre aussieht. Die Beschränkung auf genau einen Faktor, nämlich das durch die Tests ermittelte Vorhandensein von Bruchstücken des Genoms von SARS-CoV-2, blendet alle anderen Faktoren und den Kontext der Gesamtsterblichkeit aus, ebenso wie die Konzentration auf ein schmales Instrumentarium – Unterbindung von Kontakten, Abstand halten und Maske tragen, ergänzt durch die Impfung – ohne deren Wirkungen und vor allem Nebenwirkungen zu überprüfen, einen fiktiven Zusammenhang produziert, deren einziger Sinn darin besteht, Angst zu erzeugen und Fügsamkeit herbeizuführen.  

Eine Politik, deren Legitimation dem beschriebenen Muster folgt, hat keine wissenschaftliche Grundlage. Sie verstößt gegen die Grundregeln ärztlichen Handelns. Eine Abwägung ihrer adversen ökonomischen, sozialen und auch medizinischen Wirkungen gegen ihre intendierten, doch weitgehend verfehlten hat nie stattgefunden und müsste zu ihrem sofortigen Ende führen.

Rainer Fischbach,

geboren 1950 in Reutlingen, Studium der Philosophie, Informatik, Politik- und Planungswissenschaften. Er forschte zur Planungsmethodik sowie zur militärischen Technikfolgenabschätzung, arbeitet als Software-Experte in der Industrie.

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