Houston, wir haben ein Problem
Erinnern wir uns noch an das vergangene Frühjahr? Als die mRNA-Impfstoffe zugelassen wurden, wurde ein Ansturm auf die Impftermine herbeigeschrieben. Von Impfdränglern war die Rede, von privilegierten Gruppen, die sich halblegal impfen ließen, obwohl sie nicht in die vorgesehene Altersgruppe fielen. Auch die internationale Verteilung war Thema und jene Regierungen, die es schafften, ausreichend Impfdosen anzukaufen, sonnten sich im Glanz ihres cleveren Erfolgs. Mit einem Wort, es schien so, als ob die Bevölkerung es nicht erwarten konnte, endlich auch dran zu kommen. Wer geimpft ist, so wurde suggeriert, wäre auf der sicheren Seite. Den ImpfskeptikerInnen wurde damals kaum Beachtung geschenkt. Weder die Behörden noch jene Leitmedien, die quasi als RegierungssprecherInnen agieren, kamen auf die Idee, dass es sich um eine gesellschaftlich relevante Gruppe handeln könnte – damals wohl gemerkt. Stattdessen wurden Impftermine administriert, um dem erwarteten Andrang Herr zu werden.
Ein halbes Jahr später sieht die Welt anders aus. Statt eines kleinen Grüppchens bilden die Impfskeptiker je nach Region 30, 40, ja 50 Prozent der Bevölkerung. Jetzt ist guter Rat teuer. All diese Menschen als Verschwörungsheinis und Aluhutträger zu beschimpfen, geht so doch nicht so recht. Zudem erwies sich die Impfung keineswegs als jene Erlösung, als die sie ursprünglich verkauft wurde. Negative Reaktionen auf die Impfung sind so häufig, dass sie nicht mehr vertuscht werden können. Kleinlaut wird zugegeben, dass von einem 100%-Schutz nicht die Rede sein kann, dass sich auch Geimpfte infizieren, dass sie erkranken und sterben können. Und gab es jemals eine Impfung, die trotz doppelter Dosis nach sechs Monaten zu wiederholen ist? Also wird fleißig gerechnet und permanent der Vergleich mit den Nichtgeimpften gezogen. Der suggerierte qualitative Unterschied zwischen Impfung und Nichtimpfung erweist sich als rein quantitativ.
Houston, wir haben ein Problem!
Was also tun? Die Verordnung einer Impfpflicht ist offenbar in verschiedener Hinsicht riskant. Nicht nur, das massive Proteste befürchtet werden. Auch eine Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, die Impfpflicht als verfassungswidrig einzustufen, ist zumindest nicht auszuschließen. Und was dann? Also setzt man auf Schikanen und versucht, wo und wie es nur irgendwie geht, die Ungeimpften zu drangsalieren und droht mit der 2G- oder gar 1G-Regel. Gegen alle Fakten wird der Unterschied zwischen Impfung und Nichtimpfung als substanziell und qualitativ dargestellt. So, als ob es sich bei Geimpften und Ungeimpften um zwei verschiedene Gattungen der Menschheit handeln würde. Ein Freund von mir hat mich auf die religiösen Parallelen hingewiesen: Ebenso wie ein gläubiger Christ meint, zwischen Heil und Verdammnis stünden die Sakramente, so stünde zwischen Verantwortung und Rücksichtlosigkeit die Impfung. Ich habe den Verdacht, dass es vielen Geimpften am rechten Glauben fehlt. Ist es nicht doch möglich, dass sie sogar von Geimpften infiziert werden können? Dass sogar sie das Virus in sich tragen können, ohne es zu merken? Soll es da nicht heimtückische atypische Verläufe geben, die aus scheinbar kerngesunden und geimpften Menschen wahre Virenschleudern machen? Die brutal zynische Haltung, „ich bin geimpft, also passiert mir nichts und wer es nicht ist, soll halt erkranken und sterben“, funktioniert nicht so recht. Die Verunsicherung schlägt in Aggression gegen die Ungeimpften um.
Es ist schon seltsam. Wenn ich tatsächlich von der Wirkung der Impfung überzeugt wäre, warum dann diese Wut auf die Ungeimpften? Es ist bezeichnend, dass erneut die Themen gewechselt werden, wieder wird der Zusammenbruch des Spitalwesens herbei geschrieben, natürlich ohne den neoliberalen Kahlschlag im Gesundheitswesen zu erwähnen. So dienen die Ungeimpften als Sündenböcke, auf die die eigene Verunsicherung, die eigenen Ängsten projiziert werden können. Man hat Schuldige gefunden, wie praktisch.